Ich bin jung und gesund. Wofür brauche ich ein Testament?

Der Gedan­ke an die eige­ne Ver­mö­gens­nach­fol­ge setzt vor­aus, sich mit dem eige­nen Tod zu beschäf­ti­gen. Wer hat dar­auf mit gera­de ein­mal 30 Lebens­jah­ren schon Lust, ins­be­son­de­re wenn er sich gesund fühlt? “Ich habe eh kein Ver­mö­gen”, “Ich hab nicht vor, die nächs­ten 10 Jah­re zu ster­ben”, “Die gesetz­li­che Erb­fol­ge regelt das auch ohne Tes­ta­ment” oder “Ich weiß nicht, wie man das macht” sind die häu­figs­ten Schutz­be­haup­tun­gen, die man als Rechts­an­walt hört, wenn man jun­ge Leu­te danach fragt, ob sie ein Tes­ta­ment haben. Dabei gibt es gute Grün­de, bereits als jun­ger Mensch ein Tes­ta­ment zu machen und es gibt Sach­ver­halts­kon­stel­la­tio­nen, in denen Sie direkt nach Ein­tritt in die Voll­jäh­rig­keit ein Tes­ta­ment unbe­dingt errich­ten sollten. 

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Beispielsfall Pflichtteilsanspruch

Sach­ver­halt: Vater Joseph stirbt im Alter von 87 Jah­ren. Er hin­ter­lässt die Wit­we Maria, mit der er kei­nen Ehe­ver­trag abge­schlos­sen hat und 2 voll­jäh­ri­ge Kin­der, Mar­tin und Katha­ri­na. Mar­tin hat vor 5 Jah­ren einen Pflicht­teils­ver­zicht abge­ge­ben und dafür ein Geld­ge­schenk von € 50.000,00 erhal­ten. Per Tes­ta­ment hat Joseph die Maria zur Allein­er­bin ein­ge­setzt. Katha­ri­na ist vom Nach­lass­ge­richt über ihr Pflicht­teils­recht in Kennt­nis gesetzt wor­den und will nun wis­sen, in wel­cher Höhe ihr Anspruch besteht.

Im Nach­lass des Joseph befin­den sich € 100.000,00 Kon­to­gut­ha­ben und eine Eigen­tums­woh­nung im Wert von € 200.000,00. Für die Beer­di­gung des Joseph hat die Maria € 10.000,00 ausgegeben.

Als gesetz­li­che Mit­er­bin wäre Katha­ri­nas Erbquote 
25%
Als Pflicht­teils­be­rech­tig­te erhält Katha­ri­na nur die Hälf­te, also 12,5 %
12.5%

Der Pflicht­teils­an­spruch bemisst sich ledig­lich nach dem Nach­lass­be­stand am Todes­tag des Joseph. Das Geld­ge­schenk bleibt zunächst unbe­rück­sich­tigt. Als ers­tes wird der Nach­lass­be­stand zusam­men­ge­zählt. Es  ergibt sich ein Gesamt­be­stand der Ver­mö­gens­wer­te von

Akti­va
0

Als abzugs­fä­hi­ge Nach­lass­ver­bind­lich­kei­ten sind nur die Beer­di­gungs­kos­ten anzu­set­zen. Vom Aktiv­be­stand sind des­halb abzuziehen

Pas­si­va
0

Es ver­bleibt als Bemes­sungs­grund­la­ge für den Pflicht­teils­an­spruch ein Betrag von

Sal­do
0

12,5 % hier­von sind

€ 36.250

Das Geld­ge­schenk von € 50.000,00 an Mar­tin bleibt nicht unbe­rück­sich­tigt, da im Todes­zeit­punkt noch kei­ne 10 Jah­re seit der Schen­kung ver­gan­gen waren. Für jedes vol­les Jahr zwi­schen Schen­kung und Tod fal­len jedoch 10% des Schen­kungs­wer­tes weg. Das Geld­ge­schenk wird also nur mit 50% sei­nes ursprüng­li­chen Wer­tes berück­sich­tigt. Zur Ver­ein­fa­chung der Berech­nung bleibt für die­se Bei­spiels­be­rech­nung der Kauf­kraft­ver­lust außer Acht. Es ergibt sich also eine Bemes­sungs­grund­la­ge für den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch von 

Bemes­sungs­grund­la­ge
0

12,5 % hier­von sind

€ 3.125

Katha­ri­na kann also die Sum­me aus € 36.250,00 und € 3.125,00 von der Allein­er­bin und Wit­we Maria verlangen.

Sum­me aus Pflicht­teils­an­spruch und Pflichtteilsergänzungsanspruch 
€ 39.375

Katha­ri­nas Anspruch beginnt am Ende des Jah­res, in dem Jos­peh ver­stor­ben ist zu ver­jäh­ren. Die Frist läuft dann 3 Jah­re und muss recht­zei­tig gehemmt wer­den sonst kann Katha­ri­na ihren Anspruch nicht mehr durchsetzen.

Beach­ten Sie bit­te, dass die vor­ge­nann­te Rech­nung zur Ver­ein­fa­chung kei­ne laten­ten Ertrag­steu­er­las­ten ent­hält. Die­se kön­nen den Anspruch erheb­lich redu­zie­ren. Beach­ten Sie hier­zu bit­te den dies­be­züg­li­chen Bei­trag in der Erbrechtskategorie.

https://rechtsanwaltskanzlei-kreitmeier-kollegen.de/die-latente-ertragsteuerlast-in-erb-und-familienrecht

 

Der Pflichtteilsanspruch im Erbrecht

“Sie sind von der Erb­fol­ge aus­ge­schlos­sen. Es steht Ihnen der gesetz­li­che Pflicht­teil zu.” 

Mit die­sen viel­sa­gen­den Wor­ten schließt der häu­fig uner­freu­li­che Brief des Nach­lass­ge­richts an das im Tes­ta­ment über­gan­ge­ne Kind oder den vor dem Tod des Erb­las­sers in Ungna­de gefal­le­nen Ehe­gat­ten. Was für Rech­te bestehen nun? Was muss ich als Pflicht­teils­be­rech­tig­ter tun?

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