Vermeiden Sie diese Todsünden bei der Vermögensnachfolge, Teil 1

Tes­ta­ment, aber kein ein­deu­ti­ger Erbe

Sie gehö­ren zu den­je­ni­gen, die sich Gedan­ken dar­über machen, wer ein­mal Ihre Immo­bi­li­en, Ihr Auto und Ihr Bank­ver­mö­gen bekom­men soll? Sie wis­sen, dass Sie hier­zu ein Tes­ta­ment schrei­ben soll­ten und wie man die­ses hand­schrift­lich errich­tet? Sie haben eine fai­re Lösung für Ihre Kin­der oder Liebs­ten gefun­den und alle Ihre Ver­mö­gens­gü­ter gerecht im Tes­ta­ment verteilt?

Soll­te doch eigent­lich alles pas­sen, oder? 

Nein, nichts passt. 

Wenn Sie im Tes­ta­ment nicht ein­deu­tig einen Erben bestim­men, son­dern nur Ein­zel­ge­gen­stän­de ver­tei­len, ist zunächst ein­mal unklar, wer von Ihren Ange­hö­ri­gen Erbe und wer nur Ver­mächt­nis­neh­mer sein soll. Das deut­sche Erbrecht setzt vor­aus, dass es bei jedem Erb­fall min­des­tens einen Erben gibt. Der Erbe erhält nicht nur ein­zel­ne Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de aus dem Nach­lass wie der Ver­mächt­nis­neh­mer, son­dern trägt auch alle Ver­bind­lich­kei­ten des Erb­las­sers und erhält auch die Gegen­stän­de, die Sie nicht ein­zeln jemand ande­rem zuwen­den; der Erbe muss bei­spiels­wei­se auch die Beer­di­gungs­kos­ten tra­gen. Wenn Ihr Tes­ta­ment nicht ein­deu­tig einen oder meh­re­re Erben bestimmt, wird das Nach­lass­ge­richt bei einem Erb­fall in Bay­ern ver­su­chen, den oder die Erben zu ermit­teln. Bei meh­re­ren Erben wird das Nach­lass­ge­richt auch ermit­teln, wer zu wie viel Pro­zent Erbe ist, denn das muss (mit Aus­nah­me des quo­ten­lo­sen Erb­scheins) im Erb­schein ste­hen. Nach der Auf­tei­lung im Erb­schein wird auch die Erb­schaft­steu­er berech­net. Spä­tes­tens dann droht eine Aus­ein­an­der­set­zung unter den Mit­er­ben, wer zu wie viel Pro­zent Mit­er­be ist und es wer­den regel­mä­ßig kost­spie­li­ge Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten und even­tu­ell ein lang­wie­ri­ger Rechts­streit erfor­der­lich um die Erb­ver­hält­nis­se end­gül­tig zu klä­ren. Das kön­nen Sie alles vermeiden.

Emp­feh­lung: Gestal­ten Sie Ihr Tes­ta­ment ein­deu­tig. Set­zen Sie deut­lich einen oder meh­re­re Erben zu ein­deu­tig defi­nier­ten Bruch­tei­len ein. Wenn Sie Ein­zel­ge­gen­stän­de zuwen­den wol­len, for­mu­lie­ren Sie Ver­mächt­nis­se. Beden­ken Sie auch, dass leb­zei­ti­ge Über­las­sun­gen auf die Erben sich in der Regel zur Ver­rin­ge­rung von Erb­schaft­steu­er und zur Ver­mei­dung von Streit unter den Erben anbie­ten. Kei­ner strei­tet sich um eine Erb­schaft, wenn es nichts mehr zu erben gibt, weil alles bereits zu Leb­zei­ten an die Kin­der über­ge­ben wurde.

Voll­macht erteilt, Fami­lie zerstritten

Sie wis­sen, dass Sie im fort­ge­schrit­te­nen Alter in die Situa­ti­on kom­men kön­nen, dass Sie selbst nicht mehr ent­schei­den kön­nen, was aus Ihnen wer­den soll. Demenz, Koma nach einem Unfall oder die Unfä­hig­keit, sich zu arti­ku­lie­ren kön­nen jeden tref­fen. Sie haben ver­wal­tungs­auf­wen­di­ge Immo­bi­li­en, Akti­en oder sind Unter­neh­mer? Wer ent­schei­det für Sie, soll­ten Sie krank­heits­be­dingt kei­ne Ent­schei­dun­gen mehr tref­fen kön­nen? Das alles ist Ihnen bewusst und des­halb haben Sie einem Ihrer Kin­der eine unbe­schränk­te Voll­macht erteilt, die Sie aus dem Inter­net her­un­ter­ge­la­den und aus­ge­füllt haben. Zusätz­lich haben Sie noch einen der belieb­ten und frei ver­füg­ba­ren Vor­dru­cke für eine Pati­en­ten­ver­fü­gung zum Ankreu­zen her­un­ter­ge­la­den und ausgefüllt. 

Also sind Sie doch in jeder Hin­sicht abge­si­chert, oder?

Nein, denn der Teu­fel steckt im Detail.

Die pri­vat­schrift­li­che Voll­macht — selbst wenn sie ein­deu­tig for­mu­liert ist — ermäch­tigt den Bevoll­mäch­tig­ten nicht zu Immo­bi­li­en­ge­schäf­ten, weil Nota­re hier­für regel­mä­ßig eine nota­ri­el­le Voll­macht ver­lan­gen. Wenn der Voll­macht­ge­ber nicht mehr in der Lage ist, eine nota­ri­el­le Voll­macht nach­träg­lich zu errich­ten (bei­spiels­wei­se wegen Demenz oder Koma), so kön­nen ins­be­son­de­re Immo­bi­li­en auf­grund der Voll­macht nicht ver­kauft oder belas­tet wer­den, selbst wenn dies drin­gend erfor­der­lich wäre. Häu­fig ent­hal­ten pri­vat­schrift­li­che Voll­mach­ten auch kei­ne Bestim­mun­gen dazu, in was für einem Rechts­ver­hält­nis Voll­macht­ge­ber und Voll­macht­neh­mer zuein­an­der ste­hen. Das wird vor allem dann pro­ble­ma­tisch, wenn der Voll­macht­neh­mer die Voll­macht miss­braucht oder der Ver­dacht auf Miss­brauch besteht. Aus­kunft und Rech­nungs­le­gung kann der Voll­macht­ge­ber (oder sein Erbe) nur ver­lan­gen, wenn kein rei­nes Gefäl­lig­keits­ver­hält­nis zwi­schen Voll­macht­ge­ber und Voll­macht­neh­mer vor­liegt. Es ist Ihre Auf­ga­be als Voll­macht­ge­ber, Ihr Rechts­ver­hält­nis zum Voll­macht­neh­mer bereits in der Voll­macht aus­zu­ge­stal­ten, damit hin­ter­her kein Streit über die Pflich­ten des Voll­macht­neh­mers ent­ste­hen kann. Sehen Sie bit­te davon ab, Voll­mach­ten oder Pati­en­ten­ver­fü­gun­gen zum Ankreu­zen zu benut­zen. Ist bei meh­re­ren Aus­wahl­käst­chen kein Kreuz gesetzt, kann nie­mand sagen, was nun­mehr gel­ten soll. Wer­den (mög­li­cher­wei­se nach­träg­lich von einem ande­ren) meh­re­re, sich aus­schlie­ßen­de Käst­chen ange­kreuzt, ist für den behan­deln­den Arzt oder den Ver­trags­part­ner nicht mehr erkenn­bar, was Ihr Wil­le war.

Emp­feh­lung: Wenn Sie Unter­neh­mer sind oder Immo­bi­li­en in Ihrem Eigen­tum haben, errich­ten Sie eine nota­ri­el­le Vor­sor­ge­voll­macht und Pati­en­ten­ver­fü­gung. Ist dies nicht der Fall, kön­nen Sie auch ein pri­vat­schrift­li­ches Doku­ment errich­ten, in dem Sie aber bit­te Ihr Rechts­ver­hält­nis zum Voll­macht­neh­mer nach Ihrem Wil­len aus­ge­stal­ten. Bei Unter­neh­men bie­tet sich eine leb­zei­ti­ge Über­ga­be beson­ders an um einen wei­chen Über­gang auf die zukünf­ti­gen Inha­ber zu gewähr­leis­ten. Bit­te for­mu­lie­ren Sie Ihre Pati­en­ten­ver­fü­gung aus und wäh­len kei­ne vor­for­mu­lier­te Lösung zum Ankreuzen.