Aufgrund der flächendeckend angeordneten Betriebsschließungen für weite Teile des Einzelhandels und zahlreiche Dienstleister, die gesamte Gastronomie, Beherbergungsbetriebe und praktisch alle Kunst- und Kulturbetriebe stellt sich die Frage, ob diesen für den entgangenen Gewinn nicht Entschädigungsansprüche gegen den Staat zustehen. Ausgangspunkt ist folgender: Den Infizierten und deren Kontaktpersonen, die wegen der nachgewiesenen oder vermuteten Infektion nicht arbeiten dürfen, steht ein Entschädigungsanspruch gemäß § 56 I S.1 IfSG zu. Der Gesetzestext lautet:
“Wer auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, erhält eine Entschädigung in Geld.”
Aber müssen dann denjenigen, die ihr Geschäft nur zur allgemeinen Prävention schließen müssen, nicht erst recht Entschädigungsansprüche zustehen? immerhin haben diese für die Schließung ihres Betriebes — anders als die Infizierten oder deren Kontaktpersonen — keinen konkreten Anlass gegeben. Aber ist dies tatsächlich so einfach?
Die Frage, ob den von Betriebsschließungen betroffenen Unternehmen Entschädigungsansprüche zustehen, ist rechtlich hoch umstritten. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) regelt die Ersatzansprüche nämlich nur ausdrücklich für die Infizierten und die Infektionsverdächtigen, die deshalb nicht arbeiten können. Man könnte sich nunmehr auf den Standpunkt stellen, dass die Entschädigungsregelungen des IfSG auch und erst recht für Betriebe gelten müssen, die nicht wegen konkreter Infektions- oder Verdachtsfälle, sondern allgemein zur Vermeidung von Ansteckungsgefahren mit der Allgemeinverfügung der bayerischen Landesregierung vom 16.03.2020 geschlossen wurden. Nachdem das IfSG aber keine abschließenden Regelungen für die Ersatzansprüche enthält, ist durchaus auch denkbar, dass ein etwaiger Entschädigungsanspruch sich nach den sonstigen verwaltungsrechtlichen Vorschriften richtet. Auch das Polizei- und Sicherheitsrecht enthält Vorschriften für die Entschädigung sogenannter “Nichtstörer”, wenn Sie von hoheitlichen Maßnahmen betroffen sind, zu denen Sie keinen Anlass gegeben haben.
Für den Fall, dass Entschädigungsansprüche nach dem IfSG auch für Sie als “Nichtstörer” geltend gemacht werden sollen, müssen Sie aber jetzt tätig werden und sollten keinesfalls abwarten. Das IfSG verlangt von Ihnen, dass Sie etwaige Ansprüche wegen der Betriebsschließungen bis spätestens 16.06.2020 bei den zuständigen Behörden anmelden. Vor dem Hintergrund der umstrittenen Rechtslage raten wir dringend dazu, Ihre Ersatzansprüche fristwahrend anzumelden.

Klaus Aigner
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Agrarrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Diplom Verwaltungswirt (FH)