Falsche oder keine Erbschaftssteuergestaltung
Erbrecht und Steuerrecht sind in der Beratungspraxis verzahnt wie kaum zwei andere Rechtsgebiete. Häufig sind in der lebzeitigen Vermögensnachfolgeplanung nicht die erbrechtlichen, sondern die steuerlichen Probleme die maßgeblichen Hürden. Dies gilt insbesondere bei intakten Familienverhältnissen. Die Minimierung der Erbschaftssteuer hat die letzten Jahre bei explodierenden Immobilienwerten und gleichbleibenden Steuerfreibeträgen noch einmal erheblich an Relevanz gewonnen, weil bereits bei einer einzigen Immobilie im Nachlass die Steuerfreibeträge eines Kindes in Höhe von 400.000,00 € (gilt für alle Schenkungen an dieses Kind innerhalb von 10 Jahren durch eine schenkende Person) häufig schon überschritten sind, so dass Erbschaftssteuer anfällt. Unter Umständen muss das Kind die ererbte Immobilie verkaufen oder beleihen nur um die Steuer zu begleichen.
Sofern der Erblasser sich jedoch früh genug mit der Thematik auseinandersetzt, kann das Anfallen der Erbschaftssteuer häufig vollständig vermieden und in fast jedem Fall zumindest minimiert werden. Nur wenn der Erblasser zu Lebzeiten nichts unternimmt, müssen die Erben die Steuerbelastung mit wenigen Ausnahmen stets hinnehmen. Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick über Ihre wichtigsten Gestaltungsinstrumente zur Vermeidung der Erbschaftssteuer:
Steueroptimierte Testamentsgestaltung
Eine optimale Testamentsgestaltung ist nicht nur erforderlich um Unklarheiten bei der Erbfolge, kostenintensive gerichtliche Auseinandersetzungen über die Vermögensnachfolge und monatelange Paralyse bei der Verwaltung des Nachlasses zu vermeiden, sondern kann die Erbschaftssteuerbelastung erheblich reduzieren. Bedenken Sie bei der Erbeinsetzung sowie der Errichtung von Vermächtnissen, dass Sie die Steuerfreibeträge aller Ihrer Familienmitglieder sowie deren Steuerprogression nutzen können und sollten, es sei denn diese sollen von Ihrem Nachlass nichts erhalten (dann empfehlen sich jedoch auch Strategien zur Reduzierung von deren Pflichtteilsansprüchen).
Bei der häufig anzutreffenden Konstellation der Ehe mit nur 2 gemeinsamen Kindern empfiehlt es sich beispielsweise häufig, den überlebenden Ehegatten zur Vermeidung der unliebsamen Erbengemeinschaft testamentarisch zum Alleinerben einzusetzen, ihm aber über ein Supervermächtnis die Möglichkeit zu geben, beliebige, erbschaftssteueroptimierte Beträge an die Kinder auszubezahlen, so dass nicht der Ehegatte diese Beträge versteuern muss, sondern bei den Kindern deren Freibeträge genutzt werden können. Bei Zuwendungen an die Kinder stellt sich außerdem nicht das Problem, dass diese dann später bei Beerbung des zweitversterbenden Ehegatten durch die Kinder versteuert werden müssen.
Lebzeitige Vermögensnachfolge
Wer bereits zu Lebzeiten Vermögensgegenstände auf Ehegatte und/oder Kinder überträgt, nutzt nicht nur deren alle 10 Jahre neu entstehenden Steuerfreibeträge in Höhe von 400.000,00 € bei Kindern und 500.000,00 € bei Ehegatten, sondern kann auch den Schenkungswert reduzieren, indem er sich Gegenleistungen verspricht oder Rechte am Vermögensgegenstand zurückbehält. Viele Steuerberater raten hier formelhaft zum Nießbrauchsvorbehalt, aber dieser hat viele unvorhergesehene Folgen und Nachteile, ist insbesondere für den Staat im Rahmen des Regresses für Pflegeaufwendungen pfändbar und führt zu Pflichtteilsergänzungsansprüchen, weil nach Rechtsprechung des BGH beim Nießbrauchsvorbehalt die 10 Jahres-Frist des § 2325 BGB regelmäßig nicht anläuft. Hinzu kommen häufig auch noch ertragsteuerliche Nachteile. Außerdem führt die bloße Überlassung unter Nießbrauchsvorbehalt dazu, dass beim Erwerber das Eigentum und beim Veräußerer der Nießbrauch für Gläubiger als Zugriffsmasse zur Verfügung steht, in der Insolvenz verwertet und im Falle der Scheidung in den Zugewinnausgleich fällt.
Für eine große Überraschung sorgt regelmäßig der (vorzeitige) Tod des Erwerbers noch vor dem Veräußerer, denn dieser sorgt — bei fehlender Vorsorge — dafür, dass die Immobilie plötzlich einer anderen Person gehört, die mit dem Veräußerer unter Umständen gar nichts zu tun hat. Wenn hier nicht bereits bei der Übergabe Vorsorge getroffen wird, so verlieren Sie den übergebenen Vermögensgegenstand.
Den richtigen Ehevertrag schließen
Insbesondere risikoscheue Gutverdiener wählen ehevertraglich gerne prophylaktisch den Güterstand der Gütertrennung und wähnen sich auf der sicheren Seite. Erbschaftssteuerlich ist die Gütertrennung mit erheblichen Nachteilen verbunden, denn der überlebende Ehegatte erhält neben seinem Steuerfreibetrag nicht den steuerfreien Zugewinnausgleich, der sich während der Ehedauer aufgebaut hat. Bei entsprechenden Einkommens- und (asymetrischen) Vermögensverhältnissen ist der steuerfreie Zugewinnausgleich im Todesfall gemäß § 5 I ErbStG aber weit ergiebiger als der Freibetrag von 500.000,00 €. Nun wird der aufmerksame Leser in Gütertrennung daraus den Schluss ziehen, in die (modifizierte) Zugewinngemeinschaft zu wechseln. Dies hilft ihm aber erst ab dem Zeitpunkt des neu abzuschließenden Ehevertrages. Es gibt nach aktueller Rechtslage aber auch eine Möglichkeit, den Zugewinnaufbau der Vergangenheit für eine steuerfreie Übertragung auf den Ehegatten zu nutzen, allerdings nur in Kombination mit einer Güterstandsschaukel und lebzeitigem Zugewinnausgleich.