“Ich vermache meiner Tochter meinen gesamten Besitz”. In Testamenten ist dies eine häufig gelesene Formulierung, rechtlich leider völlig falsch und auslegungsbedürftig. Hier erfahren Sie, wie Sie ein Vermächtnis korrekt formulieren.
Anders als ein Erbe oder Miterbe tritt ein Vermächtnisnehmer rechtlich nicht in die Fußstapfen des Erblassers und erhält grundsätzlich auch nicht direkt mit dem Tod des Erblassers den Vermächtnisgegenstand. Er hat aber einen Anspruch auf Übertragung des Vermächtnisgegenstandes gegen den/die (Mit-)Erben. Wenn die Formulierung im Testament nicht eindeutig ist, so werden die Gerichte das Vorliegen eines Vermächtnisses in Abgrenzung von der Erbschaft vor allem dann annehmen, wenn der Vermächtnisnehmer nur einzelne, untergeordnete Gegenstände aus dem Nachlass erhalten und sich an den Nachlassverbindlichkeiten nach dem Erblasserwillen nicht beteiligen muss. Die o.g. Formulierung hingegen wird als Alleinerbeinsetzung ausgelegt werden, weil offenkundig vom Erblasser gewünscht war, dass die Tochter alles erhalten soll und nicht nur einzelne, untergeordnete Gegenstände. Das Nachlassgericht wird sich in einem solchen Fall über den Wortlaut des Testaments hinwegsetzen.
Achten Sie bei der Formulierung eines Vermächtnisses deshalb darauf, folgende Details zu regeln, damit Erbe und Vermächtnisnehmer wissen, wie das Vermächtnis zu erfüllen ist:
- Achten Sie darauf, eine Regelung für den Fall vorzusehen, dass der vermachte Gegenstand nicht mehr im Nachlass ist
Sollte beispielsweise die Tochter die Alleinerbin sein und der Sohn nur eine Wohnung erhalten, so stellt sich die Frage, was der Sohn bekommen soll, wenn die Wohnung aufgrund der Pflegekosten des Erblassers vor dem Tod verkauft und das Testament nicht mehr geändert wurde, bspw. weil der Erblasser bereits dement war und kein neues Testament mehr verfassen konnte.
- Regeln Sie eine Fälligkeit der Übertragungsverpflichtung und die Kostentragung
Wenn Sie hierzu nichts ins Testament aufnehmen, sind Vermächtnisse sofort fällig und in aller Regel wird der Erbe die Kosten der Vermächtniserfüllung (Notar und Grundbuchvollzug) bezahlen müssen. Die sofortige Fälligkeit der Vermächtnisse ist in der Praxis ein großes Problem, da kurz nach dem Tod häufig die Erbfolge noch nicht geklärt ist, der Erbe ohne Erbschein keine Informationen über den Nachlass erhält, etwaige Pflichtteile und die Beteiligung eines Vermächtnisnehmers nicht berechnen kann und trotzdem eigentlich bereits den Vermächtnisanspruch erfüllen muss. Sie sollten deshalb eine Fälligkeit regeln und mindestens 6 Monate Erfüllungszeitraum vorsehen.
- Beachten Sie erbschaftsteuerliche und einkommensteuerliche Risiken
Wenn Sie einem Vermächtnisnehmer aus einem vererbten Betriebsvermögen, bspw. einem landwirtschaftlichen Betrieb heraus einen Einzelgegenstand, z.B. ein einzelnes Grundstück per Vermächtnis zuwenden, so wird dies in aller Regel eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen darstellen und hohe Einkommensteuerlasten verursachen, die auch noch der Erbe tragen muss. Sie sollten deshalb erwägen, ob es wirklich dieser Vermächtnisgegenstand sein muss und falls ja, wer die entstehenden Steuern bezahlen muss und wie sich diese berechnen sollen (Grenzsteuersatz, Durchschnittssteuersatz, pauschale Regelung?)
- Das Konkurrenzverhältnis zwischen Vermächtnis- und Pflichtteilsanspruch
Ist ein Vermächtnisnehmer auch pflichtteilsberechtigt, so erhält er grundsätzlich nicht Vermächtnis und Pflichtteil nebeneinander, sondern nur das jeweils Werthaltigere. Natürlich können Sie dies abweichend regeln. Häufig entspricht es aber dem Erblasserwillen, dass der Pflichtteilsberechtigte nur das Vermächtnis erhalten und darüber hinaus möglichst keinen Pflichtteilsanspruch geltend machen können soll. Wenn also der Vermächtnisgegenstand für den Pflichtteilsberechtigten interessant genug ist, so dass er das Vermächtnis nicht ausschlagen wird, so sollte man im Testament bereits regeln, dass die Vermächtniserfüllung unter Pflichtteilsabgeltung erfolgt, so dass nach der Erfüllung des Vermächtnisses nicht noch der Pflichtteil geltend gemacht werden kann.
- Regeln Sie Auskunftspflichten
Haben Sie beispielsweise ein Kind als Ihren Erben eingesetzt und zugunsten des anderen Kindes ein Vermächtnis über die Hälfte des beim Todesfall abzüglich der Nachlassverbindlichkeiten vorhandenen Geldvermögens ausgesetzt, so stellt sich die Frage, wie der Vermächtnisnehmer überhaupt erfahren soll, wie viel Geldvermögen vorhanden war. Sie sollten deshalb bestimmen, ob und was der Erbe als Nachweis für den Bestand des Geldvermögens vorlegen muss (Nachlassverzeichnis? Kontoauszüge, auch für die Vergangenheit?).