Vermächtnisse richtig gestalten, Teil 1

“Ich ver­ma­che mei­ner Toch­ter mei­nen gesam­ten Besitz”. In Tes­ta­men­ten ist dies eine häu­fig gele­se­ne For­mu­lie­rung, recht­lich lei­der völ­lig falsch und aus­le­gungs­be­dürf­tig. Hier erfah­ren Sie, wie Sie ein Ver­mächt­nis kor­rekt formulieren.

Anders als ein Erbe oder Mit­er­be tritt ein Ver­mächt­nis­neh­mer recht­lich nicht in die Fuß­stap­fen des Erb­las­sers und erhält grund­sätz­lich auch nicht direkt mit dem Tod des Erb­las­sers den Ver­mächt­nis­ge­gen­stand. Er hat aber einen Anspruch auf Über­tra­gung des Ver­mächt­nis­ge­gen­stan­des gegen den/die (Mit-)Erben. Wenn die For­mu­lie­rung im Tes­ta­ment nicht ein­deu­tig ist, so wer­den die Gerich­te das Vor­lie­gen eines Ver­mächt­nis­ses in Abgren­zung von der Erb­schaft vor allem dann anneh­men, wenn der Ver­mächt­nis­neh­mer nur ein­zel­ne, unter­ge­ord­ne­te Gegen­stän­de aus dem Nach­lass erhal­ten und sich an den Nach­lass­ver­bind­lich­kei­ten nach dem Erb­las­serwil­len nicht betei­li­gen muss. Die o.g. For­mu­lie­rung hin­ge­gen wird als Allein­er­bein­set­zung aus­ge­legt wer­den, weil offen­kun­dig vom Erb­las­ser gewünscht war, dass die Toch­ter alles erhal­ten soll und nicht nur ein­zel­ne, unter­ge­ord­ne­te Gegen­stän­de. Das Nach­lass­ge­richt wird sich in einem sol­chen Fall über den Wort­laut des Tes­ta­ments hinwegsetzen.

Ach­ten Sie bei der For­mu­lie­rung eines Ver­mächt­nis­ses des­halb dar­auf, fol­gen­de Details zu regeln, damit Erbe und Ver­mächt­nis­neh­mer wis­sen, wie das Ver­mächt­nis zu erfül­len ist:

  1. Ach­ten Sie dar­auf, eine Rege­lung für den Fall vor­zu­se­hen, dass der ver­mach­te Gegen­stand nicht mehr im Nach­lass ist 

Soll­te bei­spiels­wei­se die Toch­ter die Allein­er­bin sein und der Sohn nur eine Woh­nung erhal­ten, so stellt sich die Fra­ge, was der Sohn bekom­men soll, wenn die Woh­nung auf­grund der Pfle­ge­kos­ten des Erb­las­sers vor dem Tod ver­kauft und das Tes­ta­ment nicht mehr geän­dert wur­de, bspw. weil der Erb­las­ser bereits dement war und kein neu­es Tes­ta­ment mehr ver­fas­sen konnte.

  1. Regeln Sie eine Fäl­lig­keit der Über­tra­gungs­ver­pflich­tung und die Kostentragung

Wenn Sie hier­zu nichts ins Tes­ta­ment auf­neh­men, sind Ver­mächt­nis­se sofort fäl­lig und in aller Regel wird der Erbe die Kos­ten der Ver­mächt­nis­er­fül­lung (Notar und Grund­buch­voll­zug) bezah­len müs­sen. Die sofor­ti­ge Fäl­lig­keit der Ver­mächt­nis­se ist in der Pra­xis ein gro­ßes Pro­blem, da kurz nach dem Tod häu­fig die Erb­fol­ge noch nicht geklärt ist, der Erbe ohne Erb­schein kei­ne Infor­ma­tio­nen über den Nach­lass erhält, etwa­ige Pflicht­tei­le und die Betei­li­gung eines Ver­mächt­nis­neh­mers nicht berech­nen kann und trotz­dem eigent­lich bereits den Ver­mächt­nis­an­spruch erfül­len muss. Sie soll­ten des­halb eine Fäl­lig­keit regeln und min­des­tens 6 Mona­te Erfül­lungs­zeit­raum vorsehen.

  1. Beach­ten Sie erb­schaft­steu­er­li­che und ein­kom­men­steu­er­li­che Risiken

Wenn Sie einem Ver­mächt­nis­neh­mer aus einem ver­erb­ten Betriebs­ver­mö­gen, bspw. einem land­wirt­schaft­li­chen Betrieb her­aus einen Ein­zel­ge­gen­stand, z.B. ein ein­zel­nes Grund­stück per Ver­mächt­nis zuwen­den, so wird dies in aller Regel eine Ent­nah­me aus dem Betriebs­ver­mö­gen dar­stel­len und hohe Ein­kom­men­steu­er­las­ten ver­ur­sa­chen, die auch noch der Erbe tra­gen muss. Sie soll­ten des­halb erwä­gen, ob es wirk­lich die­ser Ver­mächt­nis­ge­gen­stand sein muss und falls ja, wer die ent­ste­hen­den Steu­ern bezah­len muss und wie sich die­se berech­nen sol­len (Grenz­steu­er­satz, Durch­schnitts­steu­er­satz, pau­scha­le Regelung?)

  1. Das Kon­kur­renz­ver­hält­nis zwi­schen Ver­mächt­nis- und Pflichtteilsanspruch

Ist ein Ver­mächt­nis­neh­mer auch pflicht­teils­be­rech­tigt, so erhält er grund­sätz­lich nicht Ver­mächt­nis und Pflicht­teil neben­ein­an­der, son­dern nur das jeweils Wert­hal­ti­ge­re. Natür­lich kön­nen Sie dies abwei­chend regeln. Häu­fig ent­spricht es aber dem Erb­las­serwil­len, dass der Pflicht­teils­be­rech­tig­te nur das Ver­mächt­nis erhal­ten und dar­über hin­aus mög­lichst kei­nen Pflicht­teils­an­spruch gel­tend machen kön­nen soll. Wenn also der Ver­mächt­nis­ge­gen­stand für den Pflicht­teils­be­rech­tig­ten inter­es­sant genug ist, so dass er das Ver­mächt­nis nicht aus­schla­gen wird, so soll­te man im Tes­ta­ment bereits regeln, dass die Ver­mächt­nis­er­fül­lung unter Pflicht­teils­ab­gel­tung erfolgt, so dass nach der Erfül­lung des Ver­mächt­nis­ses nicht noch der Pflicht­teil gel­tend gemacht wer­den kann.

  1. Regeln Sie Auskunftspflichten

Haben Sie bei­spiels­wei­se ein Kind als Ihren Erben ein­ge­setzt und zuguns­ten des ande­ren Kin­des ein Ver­mächt­nis über die Hälf­te des beim Todes­fall abzüg­lich der Nach­lass­ver­bind­lich­kei­ten vor­han­de­nen Geld­ver­mö­gens aus­ge­setzt, so stellt sich die Fra­ge, wie der Ver­mächt­nis­neh­mer über­haupt erfah­ren soll, wie viel Geld­ver­mö­gen vor­han­den war. Sie soll­ten des­halb bestim­men, ob und was der Erbe als Nach­weis für den Bestand des Geld­ver­mö­gens vor­le­gen muss (Nach­lass­ver­zeich­nis? Kon­to­aus­zü­ge, auch für die Vergangenheit?).