Die Vermögensnachfolge in den digitalen Nachlass stellt Rechtsanwender, Gerichte und das Finanzamt vor neue Herausforderungen und dem unbedarften Erblasser viele Fallen bei der Verteilung seiner Vermögensgegenstände. Nachfolgende Hinweise sind bei der Planung der Vermögensnachfolge in den digitalen Nachlass deshalb unbedingt zu beachten.
Grundlegend hat der Bundesgerichtshof im Jahre 2018 entschieden, dass Daten wie alle anderen Vermögensgegenstände vererbt werden. Die Vererblichkeit is damit nicht nur für auf physischen Speichermedien befindliche Daten wie digitale Fotos auf einer Festplatte, sondern auch für die Zugangsmöglichkeit zu Daten in einer Cloud und insbesondere die private keys, welche die Verfügungsgewalt über kryptografisches Vermögen wie Kryptowährungen oder NFTs beinhalten gegeben. Mit dem Ableben des Berechtigten des private keys geht dieser grundsätzlich sofort auf den Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über.
Ist der private key auf einem physischen Datenträger wie einer Festplatte im Besitz des Erblassers gespeichert, so erwirbt der Erbe mit dem physischen Speichermedium auch den private key. Ist der private key in einem online-wallet hinterlegt, so erwirbt der Erbe die Vertragsbeziehung mit dem Diensteanbieter, aus der er Zugriff auf den private-key erhält. Probleme treten vor allem dann auf, wenn der private key verloren ist oder auf online-Anwendungen mangels Passwörter kein Zugriff genommen werden kann. Das kann die gesamte Vermögensnachfolgeplanung zerstören und unvorhergesehene Folgen haben. So vermeiden Sie die schlimmsten Folgen:
I. Vermeiden Sie Kryptovermögen in Ihrem Nachlass, wenn Sie pflichtteilsberechtigte Kinder oder Ehegatten haben, die nicht Erbe werden sollen und voraussichtlich ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen.
Kryptovermögen unterliegt erheblichen Kursschwankungen und kann bei unbeabsichtigtem Verlust des private keys völlig wertlos werden. Der Pflichtteilsanspruch bemisst sich aber nach dem Wert des Digitalvermögens am Todestag; Kursentwicklungen hiernach sind grundsätzlich unbeachtlich. Dies kann dazu führen, dass ein Erbe nach einem Streit um die Erbenstellung erst ein Jahr nach dem Todesfall die Kontrolle über den Nachlass erhält, den Pflichtteilsanspruch aber auf Basis des Wertes des Digitalvermögens zum Todestag ausbezahlen muss. Wenn das Kryptovermögen hier bereits z.B. 70% seines Wertes verloren hat, so ist dies das Problem des Erben, der auch nicht mehr mit einer Ausschlagung der Erbenstellung reagieren kann.
II. Vorsicht bei Teilungsanordnungen, Vermächtnissen und Testamentsvollstreckung über Kryptovermögen
Aufgrund der extremen Volatilität der Kryptowerte ist im Regelfall bei Erstellung eines Testaments überhaupt nicht absehbar, ob der Kryptowert im Todeszeitpunkt überhaupt noch existiert, wie viel dieser wert sein wird und was mit dem Vermächtnis geschehen soll, wenn die Kryptowährung nicht oder zumindest nicht mehr mit der bisherigen Bezeichnung existiert. Digitalwährungen sind kein Geld im Sinne des bürgerlichen Gesetzbuches. Es ist deshalb in einem Testament stets klarzustellen, ob ersatzweise Geld zu leisten ist und es ist die Höhe festzulegen, ansonsten droht der Vermächtnisnehmer leer auszugehen, wenn die Kryptowährung im Todeszeitpunkt nicht mehr existiert. Zudem ist Vorsorge zu treffen für den Fall, dass der private key verloren geht und der Erbe keinen Zugriff auf die Kryptowährung erhält. Als Testamentsvollstrecker sollte nur eine Person bestellt werden, die ausreichend Sachverstand für digitale Währungen mitbringt. Die Person ist unbedingt bereits vor dem Tod mit einer über den Tod hinausreichenden Vorsorgevollmacht auszustatten, damit er nach dem Tod aber noch vor Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses bereits handlungsfähig ist und auf Marktänderungen schnell reagieren kann.
III. Der erbschaftsteuerliche Wert wird auf den Todestag berechnet
Es ist also grundsätzlich nicht relevant, ob das Kryptovermögen nach dem Todesfall an Wert gewinnt oder verliert. Treten während einem länger anhaltenden Streit über die Erbenstellung vor dem Nachlassgericht erhebliche Wertverluste ein, so muss die Erbschaftsteuer dennoch aus dem höheren Todesfallwert bezahlt werden. Bei großem Kryptovermögen und erheblichen Wertverlusten kann dies fatale Konsequenzen haben. Auch deshalb sollte der Erbe mit einer entsprechenden Vollmacht ausgestattet sein. Der Erwerb von Kryptovermögen durch Schenkung oder Erbschaft ist anzeigepflichtig bei der Finanzverwaltung binnen 3 Monaten nach der Zuwendung.
IV. Bei der Erbauseinandersetzung latente Ertragsteuerlasten beachten
Der Handel mit Kryptowährungen unterliegt grundsätzlich der Einkommensteuerpflicht gemäß § 23 EStG, wenn zwischen Erwerb und Veräußerung des Kryptovermögens weniger als 1 Jahr verstrichen ist und hierbei Gewinn erzielt wurde. Ist im Todeszeitpunkt ein Kryptowert noch innerhalb dieser Frist vom Todeszeitpunkt an rückwärts gerechnet erworben worden, so stellt sich die Frage, ob die latente Ertragsteuerlast für die Berechnung von Erb- und Pflichtteilsansprüchen abgezogen werden kann oder nicht. Meiner Auffassung nach lässt sich dies mit guter Begründung annehmen, zumal die überwiegende Auffassung in der Literatur die Berücksichtigung der latenten Ertragsteuern auch bei Grundeigentum im Privatvermögen vor Ablauf der Spekulationsfrist annimmt.